„Nahlschmittshaus“ - ein Flurname und Hausname zu Eppelborn


Viele Flur- und Hausnamen sind Dokumente der Ortsgeschichte.

Erstere berichten oft von der geologischen Beschaffenheit der engsten Umgebung oder vom Aussehen des Feldes; andere erzählen von der Bepflanzung, dabei können es Kultur- oder Urpflanzen sein. Manche weisen auf den Besitzer hin. Einige sind geschichtliche oder kulturgeschichtliche zeugen der Heimat. Sie erzählen von der Arbeit unserer Ahnen oder von ihrem Beruf.

Bis zur Französischen Revolution waren die Grundherren Eigentümer der Ländereien. Für Eppelborn, Habach, Bubach, Schaffhausen, Calmesweiler und Macherbach war es der Reichsfreiherr Amandus von Buseck, der in folge der Revolution unsere Heimat verlassen musste. Sein Familienwappen ist heute noch neben dem Portal des Buseck’schen Schlosses zu Calmesweiler zu sehen. Es trägt seinen und den Namen seiner Gattin, Antonia von Buseck, mit der Jahreszahl 1781. Für unsere Bewohner brachten die Unruhen der Revolution und die nachfolgenden Jahre, einschließlich die Zeit der Befreiungskriege bitter schwere Zeiten. Die Not war manchmal unbeschreiblich. In mancher Hinsicht könnte man diese 22 Jahre als „Interregnum“ für unsere Heimat bezeichnen.

Mit der Übernahme unserer Gegend durch Preußen im Jahre 1815 (1816) normalisierte sich die Lage allmählich wieder. Auch in den Besitz- und Rechtsverhältnissen wurde wieder Ordnung geschaffen. Zum großen Teil waren Äcker , Wiesen und auch Wälder bereits in das Eigentum der jeweiligen Besitzer (bzw. Inhabers) übergegangen. Die Eigentums- und Besitzverhältnisse wurden durch die Grundherren auf Karten und in Lagerbüchern festgehalten. Nun ging die Verwaltung usw. auf die Gemeinden über. Sie ließen von Amts wegen die erforderlichen Unterlagen beschaffen, zum Teil neu anlegen oder ergänzen.

Im Jahre 1824 legte der Geometer Klein die Flurkarte des Bannes Eppelborn (auch die der Nachbardörfer) an. Dabei trug er viele alten Lagerbezeichnungen – schriftliche und mündliche – in die neue Karte ein.

Im Anschluss an die Treff ("Träw"), dort, wo heute das Altenheim steht (und früher das Kloster), stand nur wenige Meter nach dem "Rübenstück" zu das Haus des Eppelborner Nagelschmiedes. Der Volksmund hat ihm ganz selbstverständlich den Berufsnamen seines Eigentümers gegeben.

Diesen Namen trägt es schon seit seiner Erbauung im Jahre 1792.

Und die kleinen Wiesen und Gärten um das Haus erhielten ebenfalls die Flurbezeichnung „Bei der Nagelschmidt“ (Bannbuch von 1824) oder wie sie sonst noch heißt
„Bei Nahlschmitts Haus".
Zu erwähnen ist, dass dieses Haus lange hindurch das letzte nach Dirmingen zu war. Diesen Flurnamen, der damals noch nicht „amtlich“ war, sondern nur im Volksmund gebraucht wurde, hat nun der Landmesser Klein übernommen und zum ersten Male in die Flurkarte eingetragen. Von da wurde er in den Kataster übernommen und hat heute und sicher noch recht lange Geltung.

Nachstehende Urkunde gibt uns Aufklärung über den Anlass, wie der Name für beide Objekte entstanden ist: Der Nagelschmied Matthias König (*1743) aus Eppelborn schreibt an den Reichsfreiherrn von Buseck zu Calmesweiler:

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"Hoch Und wohl gebohrener reiß frey Herr
Gnädiger Herr

Euer frey Herlichen gnaden stelle ich Underschribener
Mattias König Nagellschmidt Von Eppelbron andurch
ganß Underdänigst Vor wie daß im Dorff Eppelbron sich
Ein ganß Kleineß blatz befinden dut alwo Herr Diell
selbsten in auenschein genomen Hate und kein baueren
Deilbar land ist Niemahien geweßen ist
Alß ergehe ich an Ewer frey Herlichen gnaden
Meineß gnädigen Herrn mir dießes gemelte haußbletzgen
gegen einen billichen grondzinß zu Vergünstigen und erlau=
benuß erdeillen Vor ein Kleineß heistgen zu bauen alwo
doch gnädigere härschafft meineß Versperteß und streit=
bahreß behausung selbsten bekant ist
zweitenß bitten ich Ewer freyherlichen gnaden
ganß Underdänigst mir Hir zu etwaß bauholtz in gnaden
zu erdeillen worin ich lebenßlänglich bereit sein Dieße
Hohe gnad Danckbahrlichst und underdänigst zu Vergelten

Eppelbron d. 31är Jener Ewer frey herlichen
1792 gnaden Meineß gnädigen
Hand + Zeichen Herrn Trey ergehbenster
Mattiaß König Diener

4 stem Empfangen 110 schu" peter Dörr hochgerichts Mayerr

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Mattias (Mathias) König ist der Antragsteller, aber nicht Schreiber dieser Bittschrift. Er war des Schreibens unkundig, deshalb unterschrieb „unterzeichnete“ er mit einem Handzeichen (hier ein Kreuz), wie es damals noch viele Eppelborner taten. Die Hochgerichts-Meyer Peter Dörr von Eppelborn, der im Dienste des Hauses Buseck stand, hat die vorliegende Urkunde geschrieben und sicher auch der Form nach gestaltet , was aus anderen Urkunden von ihm ebenfalls hervorgeht.

Mathias König hatte Erfolg mit seinem Antrag, worauf eine Bemerkung am Rande kurz und bündig hinweist, nämlich: „4stern(Stämme) Empfangen 110 schu“. Der Nagelschmied baute sein Häuschen, das bald den Namen Nahlschmitts er hielt und 32 Jahre später wurde der schon im Volksmund gebrauchte Namen amtlich für die Flur eingetragen.

Nach dem Wahlspruch: „Eigener Herd ist Goldes wert“, sehnte sich die Familie König nach einem Eigenheim, zumal ihre bisherige Behausung ihnen viel Streit und Zank verursachte. Ja sie ward ihnen schließlich ersperrt. Also auch die Wohnungsnot hat sie zum Bauen getrieben. Seine Familie brauchte Ruhe und eigenen Raum. Klein aber fein, sagt der Volksmund. Daher begnügte er sich mit dem kleinen Bauplatz gegenüber dem Ecken und erbaute sich ein kleines Haus.

Der Beruf des Erbauers hat Pate gestanden bei der Namengebung für Haus und Flur. Wie in anderen größeren Orten, so ist auch seine Arbeit nicht mehr rentabel gewesen und die Nagelschmiede ging ein. Schon rund 100 Jahre lebt in diesem Hause kein Nagelschmied mehr. Sein Beruf ist gegen Ende des 19. Jahrhunderts ausgestorben.

Der Großonkel Mathias (*1839) des heute im Haus lebenden Werner Müller in der Dirminger Straße 11 zu Eppelborn, hat um 1894 zum letzten mal „geschmitte Nähl“ gemacht. Noch heute stecken viele dieser handgeschmiedeten Nägel im Gebälk vieler Dachstühle alter Eppelborner Bauernhäuser. 1968 wurde die alte schwere eicherne Turmtüre an der Kirche zu Eppelborn erneuert. Sie waren mit Hunderten von handgeschmiedeten Nägeln beschlagen. Der Bistumsarchiv von Trier fand dieses alte Tor so stilecht, dass er das neue nach dem selben Plan anfertigen ließ. Auch die Nägel sind im neuen Holz zu sehen. Sie wurden diesmal aber maschinell angefertigt.

Das Haus der Nagelschmieds brannte 1905 ab, und an derselben Stelle (oberhalb der Kellerdecke) errichteten die Nachfahren ein neues, das den alten Namen weiter trägt. Auch heute noch nennt man die Bewohner „Nahlschmitts“ Selbst die Kinder, die sich in andere Orte und Städte des 5 300 Einwohner zählenden Dorfes verheiratet haben, erhielten diesen Namen als Mitgift.

Quelle: Größtenteils übernommene Ausschnitte aus der „Saarheimat vom 30.06.1969“


Kopie der Urkunde von 1792:


Schloss Buseck (2015):


Lageplan Flurstück "Bei der Nagelschmied" (ca. 1905):